Neue Verarbeitung alter Erinnerungen
„Der Schlüssel zum emotionalen Erfolg“ von Bruce Ecker | Robin Ticic | Laurel Hulley
Endlich deutsch erschienen! Endlich, denn dieses Buch bringt Klarheit in den Umgang mit belastenden Gedächtnisinhalten, mit denen wir es ja besonders in der Traumatherapie und –pädagogik zu tun haben. Zunächst werden ausführlich die neurowissenschaftlichen Studien dargestellt, die zeigen wie tatsächlich die mit schlimmen Erinnerungen verbundenen Emotionen und Reaktionsmuster umgewandelt werden können ohne das narrative Gedächtnis zu verändern. Denn es sind vor allem die mit den erinnerten Erlebnissen verbundenen Emotionen und emotionalen Konzepte oder Glaubenssätze, die sich generalisiert haben, bei vielen Gelegenheiten „anspringen“ und sich als Symptome äußern. So können wir uns in einer Situation hilflos und ausgeliefert fühlen, obwohl wir es tatsächlich nicht sind.
Die Autoren beschreiben dann eine Vorgehensweise, die gut in Therapieformen zu integrieren ist, die von einem ähnlichen Modell emotionaler Verarbeitung ausgehen (wie z.B. EMDR). Dafür muss zunächst der Sinn und möglichst Ursprung der Symptome gefunden und dann die schmerzhafte oder traumatisierende Situation mit den begleitenden Gefühlen aufgerufen werden. Wenn nun gleichzeitig oder zeitnah eine gegenteilige, positive Erfahrung aktiviert wird, welche gar nicht in das ablaufende Schema passt, kommt es zu einem Diskrepanzerlebnis (mismatch). Dieses kann die Generalisierung brechen und zu einer emotionalen Neu-Verarbeitung oder Re-Konsolidierung des Erlebten führen („ich war damals hilflos und fühlte mich minderwertig, jetzt aber nicht, auch nicht, wenn ich mich daran erinnere“). Das ist etwas ganz anderes als ein „Überschreiben“ alter emotionaler Erinnerungsinhalte, die dann bei bestimmten Gelegenheiten doch wieder auftauchen können. Die Erinnerung hat sich nun tatsächlich in ihrer Emotionalität verändert.
Die Autoren versuchen diesen Prozess möglichst genau zu organisieren und in dem Buch möglichst präzise zu beschreiben, auch für die Integration in verschiedene Therapiemethoden, was ihnen auch gelingt. Als Traumatherapeut oder auch –berater wünschte man sich zwar eine stärkere Beachtung der Besonderheiten von Traumafolgen, einiges gerät auch arg redundant und die vorgestellten Mechanismen werden in ihrer Bedeutung etwas überhöht (es gibt ja noch andere wichtige Aspekte der Psychotherapie). All dies aber tut insgesamt dem Wert des Buches keinen Abbruch.
Für die pädagogische Arbeit ist zu wünschen, dass ein weiteres, kleines, sehr anschauliches Büchlein der Autoren für die pädagogische Arbeit (mit Kindern und Erwachsenen) auch bald übersetzt wird (Ticic, R., Kushner, E., Ecker, B., „What’s really going here? How to navigate life using the hidden intelligence of our emotional brain“, Coherence Psychology Institute, Oakland 2016)
(Text: Von Rudolf Müller-Schwefe)
„Der Schlüssel zum emotionalen Erfolg“
Bruce Ecker, Robin Ticic, Laurel Hulley,
Der Schlüssel zum emotionalen Gehirn: Mit Gedächtnisrekonsolidierung die Ursachen von Symptomen beseitigen. Jungfermann 2016, ISBN: 978-3-95571-052-1, 33,00 €